Start-Up Steuer: Zürcher Jungunternehmen im Abseits

Während andere Kantone die Aktien von KMU und Startups mit der bewährten Praktikermethode bewerten, verwendet die Steuerbehörde des Kantons Zürich seit dem dritten Quartal 2014 letztbezahlte Emissionspreise von Kapitalerhöhungen als Basis für die Vermögenssteuer. Seit 2016 zeigt diese Praxis immer mehr Grenzen für Start-Ups auf.

 

Erdrückende Zahlen: 85% der Befragten ziehen einen Umzug in Betracht. (Studie: venturelab)

Das Zürcher Steueramt bewertet für die Vermögenssteuer seit März 2016 die Aktien von Unternehmensgründern nicht nach dem aktuellen Wert der Gesellschaft, sondern nach dem Preis, den ein Investor für eine Aktie bezahlt hatte. Diese Bewertungsmethode hat zur Folge, dass Eigentümer von Startups/Jungunternehmen in Bezug auf die Vermögenssteuer schlechter gestellt sind, als Personen, welche einen Teil ihres Vermögens in Aktien von etablierten KMU/börsenkotierten Unternehmen investieren.

Die Vermögenssteuerlast könnte in Extremfällen sogar höher als das gesamte Einkommen ausfallen. Der Kanton Bern hat einen anderen, unternehmerfreundlicheren Ansatz, wie die Berner Innovationsförderung be-advanced im Interview aufzeigt.

Bleiben Start-Ups in Zürich?

Nach wie vor mobilisieren sich Zürcher Start-Ups gegen die astronomischen Vermögenssteuerrechnungen des Kantons Zürich. Wenn man von Start-Up Gründern in Zürich spricht, dann sollte man sicher auch nicht die Hightech-Unternehmen und deren Business Angels ausser Acht lassen. Die besten Startups (v.a. ETH Spin-offs) sehen sich jetzt gezwungen, den Kanton Zürich oder sogar die Schweiz zu verlassen.

Dies nicht nur aufgrund der horrenden Steuerrechnungen, sondern weil die Investorensuche für Startups mit Sitz im Kanton Zürich wegen der neuen Steuerpraxis viel schwieriger wird.

Helfen Schonfristen?

Aufgrund des grossen Widerstandes der Startup-Szene entschärfte die Finanzdirektion am 1. März 2016 die neue Praxis ein wenig und führt „Schonfristen“ von drei Geschäftsjahren (fünf Jahre bei Bio- und Medtech) ein. Dies löst jedoch das eigentliche Problem nicht, weil sich letztendlich die Finanzierungskosten auf spätere Steuerrunden verschieben.

Während sich die Finanzdirektion des Kantons Zürich dafür stark macht, ihre neue Steuerpraxis via Finanzdirektorenkonferenz und Schweizerische Steuerkonferenz zum nationalen Standard zu erheben, befürchten sämtliche Exponenten der Startup-Szene massive Schäden am Innovationsstandort Schweiz. Auch die Politik ist aktiv: FDP/CVP/SVP des Zürcher Kantonsrates haben ein dringliches Postulat (KR-Nr. 168/2016) eingereicht, welches eine Rückkehr zur Praktikermethode und somit eine Gleichbehandlung aller Startups und KMU fordert.

37 Prozent möchten Schweiz verlassen

Der nationale Startup-Förderer venturelab wollte es genau wissen und hat eine Studie lanciert, um die Konsequenzen der neuen Zürcher Steuerpraxis auf die besten Startups zu untersuchen: 85% der Befragten ziehen einen Umzug in Betracht. Während 33% Ausschau nach einem Standort in einem anderen Kanton halten, wollen 37% die Schweiz verlassen!

15% sind bezüglich Standort noch unentschlossen. Mit der neuen Steuerpraxis riskiert der Kanton Zürich fast die Hälfte der Top-Startups an das Ausland zu verlieren. Dies ist besonders brisant in Anbetracht der enormen staatlichen Investitionen, welche in die Forschungsarbeiten und die Förderung dieser Spin-offs fliessen.

Zusätzlich kämpfen die von der Startup-Steuer betroffenen Startups mit einem wesentlich schwierigeren Finanzierungsumfeld: So meinen 20% der befragten Startups, dass die Finanzierung durch Business Angels aufgrund der neuen Steuer-Praxis im Kanton Zürich nahezu unmöglich wird. Und 70% gehen davon aus, dass das Fundraising für sie viel schwieriger werden wird, als es sowieso schon ist.

Postulat für Praktikermethode

Alleine die 61 Startups, welche bisher an der Studie teilgenommen haben, werden den Kanton Zürich 1‘050 Arbeitsplätze kosten. Dies entspricht rund 25 Millionen Franken an Einkommenssteuern. Um denselben Betrag mit Vermögenssteuern wettzumachen, müssten Vermögen im Umfang von rund CHF 5 Milliarden besteuert werden. Diese Rechnung zeigt auf, wie absurd die neue Praxis der Zürcher Steuerbehörden im Grunde ist.

Der Zürcher Regierungsrat ist allerdings bereit, das dringliche Postulat im Sinne der praxisbezogenen Erwägungen entgegenzunehmen. Jetzt bleibt zu hoffen, dass der Zürcher Regierungsrat seine Steuerbehörden dazu bringt, ihre verfehlte Praxis innert nützlicher Frist anzupassen.

Mehr Informationen zur Studie finden Sie unter diesem Link

 

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