Virtueller Verkauf: Fünf Erfolgsfaktoren
Die Corona-Pandemie beschleunigt den digitalen B2B-Vertrieb - virtueller Verkauf ist gemäss einer Studie von Bain & Company bei der grossen Mehrheit von Unternehmen das Mittel der Wahl. Doch immer noch erfüllen sich viele Erwartungen nicht. Welche Faktoren müssen beachtet werden, damit virtueller Verkauf ein Erfolgsmodell wird?
Die Corona-Krise verändert auch den Vertrieb zwischen Unternehmen, virtueller Verkauf erhält auch im B2B-Bereich inzwischen eine hohe Bedeutung. In ihrer Studie „Virtual Selling Has Become Simply Selling“ hat die internationale Unternehmensberatung Bain & Company ermittelt, dass 92 Prozent der befragten B2B-Vertriebsverantwortlichen mittlerweile digitale Geschäftsbeziehungen bevorzugen. Das entspricht 17 Prozentpunkten mehr als im Mai 2020.
Virtueller Verkauf und Einkauf: Von Low-Cost-Variante zum Standard
Der Einkauf hat die Vorzüge der Digitalisierung ebenfalls entdeckt, so ein weiteres Ergebnis der Studie. So erkennen 79 Prozent der dort Beschäftigten die Leistungsfähigkeit des virtuellen Vertriebs an, vor einem Jahr waren es erst 54 Prozent. Geschätzt werden dabei vor allem die schnellere und häufigere Kommunikation, kosteneffizientere Transaktionen sowie die Möglichkeit, mehr potenzielle Kontaktpersonen zu erreichen. An der Studie haben weltweit rund 250 Verantwortliche aus Vertrieb und Einkauf im B2B-Bereich teilgenommen.
„Der Wandel hin zum digitalen B2B-Vertrieb hat sich aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie noch einmal spürbar beschleunigt“, erklärt Dr. Eric Zayer, Bain-Partner und Experte für Commercial Excellence im B2B-Bereich. „Was früher vielerorts lediglich als Low-Cost-Variante angesehen wurde, hat sich inzwischen zum bevorzugten Kanal der meisten Einkäuferinnen und Einkäufer entwickelt.“ Die immer leistungsfähigeren und günstigeren virtuellen Lösungen haben dazu geführt, dass B2B-Unternehmen ihre Aktivitäten selbst bei komplexeren Transaktionen kontinuierlich virtualisieren können.
Umfassende Strategie statt kleine Schritte
Digitale Vertriebskanäle haben unbestritten ihre Vorteile ausspielen können. Das weckt natürlich weitere Begehrlichkeiten. „Angesichts der rasant zunehmenden Nutzung des digitalen B2B-Vertriebs wachsen allerdings auch die damit verbundenen Erwartungen“, stellt Dr. Tobias Umbeck, Bain-Partner und Vertriebsexperte, fest. Laut der Bain-Studie gibt es nach Ansicht der Befragten in der Praxis nach wie vor Verbesserungspotenzial. Tatsächlich berichten die Unternehmen von steigenden Abschlussquoten und Umsätzen der virtuellen Verkaufskanäle, doch bleiben diese noch hinter den eigenen Prognosen zurück. So sind Führungskräfte und Vertriebspersonal auf eine zum Teil deutlich höhere Win Rate eingestellt gewesen, als im Schnitt tatsächlich erreicht wurde.
Fünf Erfolgsfaktoren
„Um das volle Potenzial des virtuellen Vertriebs auszureizen, gilt es nicht nur an einzelnen digitalen Stellschrauben zu drehen“, betont Umbeck. „Führende Unternehmen haben ihre Strategie vielmehr in allen Dimensionen des virtuellen B2B-Markts angepasst.“ Insgesamt sind fünf Faktoren ausschlaggebend für den Erfolg:
- Die Kundschaft frühzeitig gewinnen. Bereits vor dem ersten Kontakt mit dem Vertriebspersonal wissen laut Bain-Studie rund 80 Prozent der Unternehmenskunden genau, was sie benötigen. Mehr als 35 Prozent haben sogar eine klare Präferenz für einen Anbieter. Dabei sind digitale Informationskanäle bei Einkaufsverantwortlichen inzwischen beliebter als Ausstellungen oder Fachmessen. Bei der Onlinerecherche sollten gewünschte Produktkategorien daher schnell zu finden und Anwendungsbeispiele etwa durch Demovideos leicht abrufbar sein. Besteht Interesse, ist eine möglichst unkomplizierte Kontaktaufnahme zum Anbieter von Vorteil – über Chatbots, Livechats oder das persönliche Gespräch.
- Virtuelle Services den Kundenerwartungen anpassen. Effiziente B2B-Unternehmen stellen Produkt- und Vertriebsverantwortliche für eine persönliche Beratung nur zur Verfügung, wenn die Unternehmenskunden dies explizit wünschen. Fachpersonal wird zielgerichtet eingesetzt, um Fragen zu beantworten oder Produkte vorzuführen. Der Verkaufsprozess wird damit schlanker, die Kosten sinken.
- Drehbücher für Verkaufsszenarien entwickeln. Mithilfe von Mustervorlagen können sich Vertrieb und Fachbereich passgenau auf die unterschiedlichen Kundeninteraktionen vorbereiten. Wer kontaktiert beispielsweise Interessenten in welcher Situation und stellt welche Informationen bereit? Darüber hinaus ermöglichen Verkaufsdrehbücher eine bessere Schulung sowie Leistungsbewertung der eigenen Belegschaft und erhöhen somit deren Effizienz.
- Vertriebsteams intelligent verstärken. Die systematische, datengetriebene Analyse des Kundenverhaltens ergänzt die traditionellen Verkaufsschulungen. Maschinelles Lernen hilft dem Vertriebspersonal, potenzielle Abschlüsse vermehrt in tatsächliche Verkäufe umzuwandeln und neue Cross-Selling-Möglichkeiten zu schaffen. Zudem stehen bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den virtuellen Vertrieb deren digitale Kompetenzen im Fokus, was den Talentpool vergrößert.
- Spezielle Softwarelösungen für Fachbereiche. Die Flut von Produkt- und Marketingtools überfordert viele mit Vertrieb und Kundenkontakt befasste Teams. Führende B2B-Firmen setzen daher in den unterschiedlichen Fachbereichen speziell zugeschnittene Softwarelösungen für Datenanalyse, Verkaufsprozess oder Kundenservice ein. Nicht zuletzt aufgrund der eingesparten Zeit kann sich das Vertriebspersonal schlussendlich auch intensiver um die für das eigene Unternehmen zentralen Umsatzbringer kümmern.
„Der virtuelle B2B-Vertrieb ist für alle Beteiligten selbstverständlich geworden, und das unabhängig davon, ob die Pandemie weiter abflaut oder ob es zu einer neuen Krise kommt“, stellt Bain-Experte Zayer fest. „Wer sich jetzt entschlossen an die neuen Marktbedingungen und Kundenwünschen anpasst, nutzt die Krise als Beschleuniger und verbessert die Schlagkraft seines Vertriebs.“
Quelle: Bain & Company