Über die Auswirkungen der Coronakrise auf Kunst und Kultur

Befindet sich die Kunst im Dornröschenschlaf? Die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) hat mit «Sleeping Beauty» eine Serie von Research Notes zu den Folgen des Coronavirus für die Kreativwirtschaft veröffentlicht.

 

Die ZHdK in Zürich-West – einer der Hotspots der Schweizer Kreativwirtschaft. Foto: Regula Bearth © ZHdK

Ob Buchhandlungen, Museen oder die Musikbranche: Die Coronakrise konfrontiert die Kreativwirtschaft mit neuen Problemstellungen. Das Zurich Centre for Creative Economies (ZCCE) der ZHdK geht mit einer mehrdimensionalen Studie zentralen Fragen nach: Was haben die unterschiedlichen Sektoren der Creative Economy gemeinsam? Und mit welchen Einschnitten durch die Coronakrise haben sie zu kämpfen? Die Herausgeber der Studie «Sleeping Beauty» – Frédéric Martel, Romain Page, Simon Grand und Christoph Weckerle – stellen im ersten Teil einen historischen Vergleich zur Grossen Depression in Amerika an, führen im zweiten Teil Interviews mit Kulturschaffenden von Zürich bis New York und analysieren drittens aktuelle Statistiken zur Kreativwirtschaft der Schweiz. Im vierten Teil der Studie, die im Juni erscheinen wird, werden Strategien rund um die Schweizer Kulturförderung im Vordergrund stehen.

Schneeballeffekt und Digitalisierung

Konzerte, Tanz- und Theateraufführungen sind von der Krise im Kern getroffen, sind sie doch darauf ausgelegt, Menschen zusammenzubringen. Auch die Situation von Museen gibt Anlass zur Beunruhigung. Werden die Touristinnen und Touristen, die einen Grossteil des Publikums ausmachen, zurückkommen? Wie lässt sich das Defizit im Billettverkauf decken? In zahlreichen Bereichen ist der Schneeballeffekt der Krise noch gar nicht abzusehen: Abgesagte Festivals, Tourneen und andere Live-Veranstaltungen stellen eine Gefahr für den gesamten Branchenkomplex dar. Bereits nach wenigen Monaten zeigt sich, dass die Coronakrise den kulturellen Sektor deutlich länger treffen wird, als die Lockdownfristen dauern. Gleichzeitig beschleunigt «the new normal» die Digitalisierung der Kultur. Neue Konsumgewohnheiten kommen auf, deren Andauern nach der Krise noch nicht abschätzbar ist: Ein Beispiel dafür sind sogenannte «Concerts in-game», die auf Plattformen von Videospielen stattfinden und ein Millionenpublikum auf den Plan bringen.

Die Creative Economy der Schweiz in Zahlen

Was bedeutet dies in Bezug auf Beschäftigungszahlen? Das ZCCE analysiert die jüngsten öffentlichen Statistiken. Die verwendeten Analyseraster lassen interessante Rückschlüsse auf die Heterogenität der einzelnen Subsektoren zu und zeigen die starke Vernetzung mit der Gesamtwirtschaft auf. Gemäss der Studie hat die Creative Economy in der Schweiz eine substanzielle Grösse erreicht: Zwischen 2016 und 2018 arbeiteten in der Schweiz insgesamt rund eine halbe Million Menschen in der Creative Economy, was 11 Prozent aller Erwerbstätigen der Schweiz entspricht. Der Anteil der Erwerbstätigen der Creative Economy an der Gesamtwirtschaft liegt in der Grossregion Zürich bei 15 Prozent. Weitere Analysen im Herbst werden zeigen, wie sich die Coronakrise darauf auswirkt. Grundsätzlich gehen die Herausgeber der Studie davon aus, dass spezifische Praktiken und Prozesse von Kunstschaffenden in der Zeit des Coronavirus kein Problem darstellen, sondern gerade Teil der Lösung sind. Denn die Kreativwirtschaft sei in der Lage, «radikale Aussagen darüber zu treffen, welche Zukunftsmodelle möglich sein könnten».

Über das ZCCE

Das Zurich Centre for Creative Economies (ZCCE) ist ein Kompetenz- und Forschungszentrum an den Schnittstellen zu Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Es analysiert Entwicklungen der Kreativwirtschaft, ordnet aktuelle Ereignisse in ihren Kontext ein und findet zukunftsfähige Strategien. Ergebnis dieser Arbeit sind unter anderem Research Notes, die punktuell, flexibel und zeitnah publiziert werden.

Nach mehr als zehnjähriger Forschungstätigkeit im Bereich der Creative Economies an der ZHdK konnte durch die Unterstützung der Zürcher Kantonalbank im Jahr 2019 mit dem ZCCE ein eigenes Zentrum dafür aufgebaut werden.

Mehr Informationen über das Zurich Centre for Creative Economies finden sich unter:

www.zhdk.ch/zcce

 

 

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