Das Ende der Generationen-Diskussion?
Wie geht man mit der viel diskutierten Generation Z um? Und überhaupt: Wie bringt man verschiedene Generationen in Unternehmen zusammen? «Die Generationenfrage – Mitarbeitende im Wandel»: So lautete entsprechend das Thema des 20. Ostschweizer Personaltags, der am 26. September 2024 in St.Gallen stattfand.
Ein hochaktuelles Thema, ein generationen-übergreifendes Panel von Referierenden, gute Gelegenheiten fürs Networking: Der Ostschweizer Personaltag vom 26. September lockte über 250 Besucherinnen und Besucher in die St.Galler Olma-Halle 9.1. Es war ein kleines Jubiläum: Zum 20. Mal wurde das Treffen für Ostschweizer Personalfachleute durchgeführt. «Wäre der Personaltag ein Mensch, gehörte er wohl zur Generation Z», stellte Moderatorin Sabine Bianchi fest. Das galt aber nicht für die Teilnehmenden: Von ihnen gehörte der Grossteil entweder zur Generation X oder zur Generation Y.
Nur: Macht eine solche Einteilung in «Generations-Schubladen» überhaupt Sinn? Mit dieser Frage beschäftigte sich Dr. Ronald Ivancic, Dozent am Institut für Organisation und Leadership (IOL) der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Er verwies darauf, dass schon die Generation Y ähnliche Fragen an die Gesellschaft stellte wie heute die Generation Z. Das bedeute, dass sich die Unterschiede vornehmlich aus dem jeweiligen Lebensalter und verschiedenen Lebensumständen ergeben würden. Denn je nach dem, wo man im Leben stehe, würden sich auch die Lebensstile und die damit verbundenen Werthaltungen ändern. Aus diesem Grund seien Generationsanalysen – und das Geschäft damit – kritisch zu sehen, so Ivancic. Vielmehr müsse es in Unternehmen darum gehen, Diversität zwischen den Generationen herzustellen – «Vielfalt statt Einfalt», so auch der Titel seines Referats. Und das gehe laut Ronald Ivancic nur, indem man an der Kultur arbeite: «Struktur führt zu Verhalten, Verhalten führt zu Kultur», so der Experte.
Was die junge Generation von Arbeitgebern erwartet
Aus den von Ronald Ivancic propagierten unterschiedlichen Lebensumständen stammten auch die Teilnehmenden des anschliessenden «Generationen-Talks». Die Diskussion drehte sich immer wieder um Vorurteile, mit denen die unterschiedlichen Generationen konfrontiert werden. Ivo Riedi, Leiter Berufsbildung bei der SFS Group, Babyboomer und kurz vor der Pensionierung stehend, warnte vor Stereotypisierung. Längst nicht alle jungen Leute seien «faul». Michèle Mégroz, CEO der CSP AG, wiederum findet es bereichernd, mit verschiedenen Generationen zu arbeiten und beneidet das Selbstbewusstsein, mit dem junge Menschen von heute auftreten, im Gegensatz zu früher. Und auf die Frage, was denn diese jungen Menschen von ihren Arbeitgebern erwarten, lieferte die 18-jährige Anastasia Kurer, die eben ihr erstes Lehrjahr angetreten hat, folgende Stichworte: Wertschätzung, Respekt, Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und eine offene Gesprächskultur auf Augenhöhe – auch mit den Chefs.
Das Potenzial der älteren Generation besser nutzen
Einen Blick in die Praxis des Gesundheitswesens warf Michèle Bongetta, Geschäftsführerin der Rehakliniken Zihlschlacht und Dussnang. In Spitälern sind grosse Teams immer noch häufig, und zu deren Führung bräuchte es eine «eierlegende Wollmilchsau», so die Referentin. Und dies mit den Ansprüchen zu koppeln, mit welchen die unterschiedlichen Generationen heute ankommen, sei schwierig. Den Schlüssel sieht Michèle Bongetta in einer Personalpolitik mit klaren und einheitlichen Regeln, besonders hinsichtlich Work-Life-Balance und gezielten Massnahmen bei der Personalentwicklung und Karriereplanung. Hans Rupli, Präsident von focus50plus, erläuterte in seinem Referat die Notwendigkeit, aufgrund des demografischen Wandels das Potenzial der älteren Generation besser zu nutzen. Mitarbeitende über 50 können zwar vor allem mit ihrer Erfahrung und Sozialkompetenz punkten, benötigen aber auch zusätzliche Schulung etwa im Bereich der digitalen Transformation. Hier bietet sich auch die Chance für einen Wissenstransfer von der jungen zur älteren Generation – und umgekehrt. Hans Rupli bedauert zudem, dass das heutige Bildungswesen zu stark auf Junge ausgerichtet sei und es zu wenige Möglichkeiten für Quereinstiege oder gar einen Berufswechsel mit einer Lehre ab 50 gebe.
Von Digital Natives zu AI-Locals: Die Zukunft der Generation Alpha
Den fulminanten Schlusspunkt setzte der junge Zukunftsforscher Tristan Horx. Er erklärte die Schwierigkeiten, welche die junge Generation heute haben, mit einem Epochen-Wandel, an dem wir heute stehen. Wir seien dabei, uns vom industriellen Lebensmodell zu verabschieden, das unsere Eltern- und Grosseltern-Generation geprägt habe. Unser Leben wird mehr und mehr geprägt sein von verschiedenen Phasen mit immer kürzeren Intervallen zwischen Bildung und Beruf. Jeder Phase voraus gehen Krisen und Transformationen. Die gegenwärtige Herausforderung sieht Tristan Horx darin, dass momentan mehrere verschiedene Generationen am wirtschaftlichen Leben teilhaben und ihre Ansprüche durchsetzen. Und der zukünftigen Generation Alpha verspricht er eine rosige Zukunft: Sie werde das Ende des fossilen Zeitalters erleben, die längste Lebenserwartung haben und sich von «digital Natives zu AI-Locals» gewandelt haben. «Wenn Roboter immer bessere Roboter werden, müssen Menschen humanere Menschen werden», so Tristan Horx. «Zukunft entsteht, wenn Beziehungen gelingen», und das sei unabhängig von Generationen.
Fazit der Tagung: Brüche zwischen Generationen und Epochen sind nichts Neues, und die Diskussionen darüber auch nicht. Entscheidend ist der Umgang damit – nicht nur in Personalabteilungen, sondern auch in der gesamten Unternehmensführung. Bildlich fasste dies am Schluss auch Roland Siegenthaler mit einem witzigen Graphic Recording zusammen.
Über den Ostschweizer Personaltag
Der Ostschweizer Personaltag ist eine der bedeutendsten Personalfachtagungen in der Ostschweiz. Er hat das Ziel, Personalfachleute, HR-Spezialisten und Personalverantwortliche sowie Führungskräfte von KMU zusammen zu führen und aktuelle sowie grundlegende Fragen zu thematisieren. Der Ostschweizer Personaltag ist zusammen mit dem Verein HR Ostschweiz entwickelt und 2005 zum ersten Mal erfolgreich durchgeführt worden. Heute fungieren HR Ostschweiz und die OST – Ostschweizer Fachhochschule als Patronatsgeber des Anlasses.
Weitere Informationen: www.personaltag.ch