Alpensymposium 2018: Viel Philosophie, Politik – und ein Rockstar

Das Alpensymposium 2018 lockte am 16. und 17. Januar wieder etliche Hundert Gäste ins Hotel Victoria Jungfrau in Interlaken. Keynote-Speaker wie Anders Indset, Joachim Gauck, Peer Steinbrück oder Bruce Dickinson lieferten viel Stoff zum Nachdenken und Anschauungsmaterial.

Kein Rockstar, sondern Philosoph: Anders Indset warnte am Alpensymposium 2018 vor einer „Explosion der Intelligenz“. (Bilder: Thomas Berner)

Wird der Mensch doch einmal obsolet? Diese eher düster anmutende Zukunftsvision könnte durchaus dereinst mal Realität werden, glaubt Wirtschaftsphilosoph Anders Indset aus Norwegen. Er warnte davor, die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen zu unterschätzen. „Noch dieses Jahr wird Quantum Computing einen Durchbruch erzielen“, prophezeit Indset. „Es wird zu einer Explosion der Intelligenz kommen, in drei bis fünf Jahren werden wir Maschinen haben mit einem IQ wie erwachsene Menschen“, so seine Prognose. Artificial Intelligence (AI) wird zu Artificial General Intelligence (AGI). Vor der Vision eines „Homo Obsoletus“ sollten wir Respekt haben, mahnte Indset und rief die Zuhörer dazu aus, selbst Gestalter des Wandels zu werden, um ihm nicht einfach ausgeliefert zu sein. Es könne nicht sein, dass Algorithmen die neuen Autoritäten werden.

Für ein gutes Leben

Eher um die „kleinen Dinge“ ging es in den Auftritten von Rolf Dobelli und Mahsa Amoudadashi. Mahsa Amoudadashi plädierte am Alpensymposium 2018 für mehr Herzlichkeit im Umgang mit Kunden und Mitarbeitenden. Dies könne man aber nicht lernen, sondern müsse erst durch vorgelebtes Begeistern „geweckt“ werden. Rolf Dobelli wiederum gab ein paar Inputs für ein „gutes Leben“, etwa: Mehr „nein“ zu sagen,  mehr Bescheidenheit walten zu lassen oder aufzuhören, sich immer mit anderen zu vergleichen.

Joachim Gauck, ehemaliger deutscher Bundespräsident: „Robuste Zivilität“ als Ziel.

Europa: Die Antwort auf das 21. Jahrhundert

Ebenfalls ruhige Töne schlug der deutsche Bundespräsident a. D. Joachim Gauck an. Er sieht im wachsenden Populismus durchaus eine Herausforderung, wünscht sich aber etwas mehr Gelassenheit, ein „Antihisterikum“, wie er sich ausdrückte. Den berechtigten Ängsten den Menschen müsse man Raum geben, geäussert werden zu dürfen. Als Antwort darauf brauche es eine einladende und einfache Sprache. Dieses Feld dürfe man aber nicht den Populisten überlassen. Denn deren Rezepte seien zu verführerisch. Vielmehr sei die Politik gefordert, selbst durch Kommunikation die immer komplexer werden Vorgänge „erhellend“ zu vereinfachen. Joachim Gauck ist überzeugt, dass durch eine „robuste Zivilität“ ein entsprechender ziviler Diskurs immer noch möglich sei.

Peer Steinbrück: Probleme lassen sich nicht mehr national lösen.

Das zweite „politische Schwergewicht“ am Alpensymposium 2018 war der ehemalige deutsche Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Auch er warnte vor zunehmendem Populismus, stellte aber demgegenüber klar, dass ein „Rückzug in die eigene Wagenburg“ die falsche Strategie sei. „Kein Problem mehr kann nur national gelöst werden“, so Steinbrück. Europa sei zwar durch Brexit, finanzpolitische oder demographische Probleme und Unsicherheiten in der Politik der Grossmächte wie USA oder Russland extrem herausgefordert. Doch ebendieses Europa sei die einzig richtige Antwort auf das 21. Jahrhundert. Und wo sieht er die Schweiz in diesem Europa? Da müsse insbesondere das Problem der Personenfreizügigkeit gelöst werden.

Rockstar und Geschäftsmann

Das Motto des diesjährigen Alpensymposiums lautete „Plan B.“ Sehr viele solcher „Plan Bs“ hat Bruce Dickinson. Seines Zeichens Sänger der britischen Heavy-Metal-Band „Iron Maiden“, ist Dickinson aber auch ein gewiefter Geschäftsmann. Nicht nur seine Band und ihre Musik sind aus dem Rock-Genre kaum wegzudenken. Als Pilot – er fliegt eine Boeing 747 mit dem gesamten Band-Equipment gleich selbst von Auftritt zu Auftritt – gründete er zudem mehrere Luftfahrt-Wartungsunternehmen und managte mit Air Djibouti auch eine komplette Airline. Ganz im Sinne von „Diversifizierung“ betätigt sich Bruce Dickinson ferner auch als Bierbrauer und Uhrenhersteller.

Rockstar und Geschäftsmann: „Iron Maiden“-Sänger und Luftfahrtunternehmer Bruce Dickinson.

Neue Arbeitswelten, Emotionen und Humor

Weitere eindrückliche und emotionale Auftritte lieferten zudem die beiden Schwestern Melati und Isabel Wijsen. Sie lancierten als Schülerinnen in Bali mit der Organisation „Bye Bye Plastic Bags“ eine Initiative gegen die immense Verschmutzung der Meere und Strände mit Plastikabfällen. Mit ihrem erfrischenden Auftritt gewannen sie die Herzen des Publikums am Alpensymposium 2018. Samuel Koch wiederum berichtete über seinen Weg zurück ins Leben, das sich nach seinem schweren Unfall vor laufenden Kameras in der Fernseh-Sendung „Wetten, dass…?“ komplett verändert hatte. Ähnlich Michel Fornasier: Er kam ohne rechte Hand auf die Welt. Dank seiner bionischen Handprothese „iLimb Ultra Revolution“ ist er trotzdem zweihändig unterwegs und zeigt an diesem Beispiel die Möglichkeiten der Robotik. Die Berner Professorin Kathrin Altwegg berichtete über die Mission der Raumsonde „Rosetta“ beim Kometen Tschuri-Gerassimov. Und Unternehmer Viktor Calabrò zeigte auf, wie neue und flexiblere Formen von Arbeitsverhältnissen der Wirtschaft neue Vorteile verschaffen kann. Dr. Roman F. Szeliga, Arzt, Manager, Autor und Klinik-Clown, sowie Kabarettist Florian Schroeder schliesslich sorgten mit ihren Auftritten für etliche Lacher im Publikum.

Zeigten, dass auch junge Menschen viel bewegen können: Melati und Isabel Wijsen und ihr Umweltprogramm „Bye Bye Plasticbags“.

www.alpensymposium.ch

 

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