Schweizer Finanzchefs rechnen mit einem Boom

Geht es nach den Einschätzungen von Schweizer Finanzchefs, deuten vielen Anzeichen auf einen wirtschaftlichen Boom hin. Diese Interpretation lässt die jüngste CFO-Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte zu.

Die Konjunkturaussichten deuten nach oben: Ist mit einem Boom zu rechnen? (Bild: Fotolia.com)

Schweizer CFOs sehen so optimistisch in die Zukunft wie nicht mehr seit die Schweizerische Nationalbank (SNB) Mitte Januar 2015 den Mindestkurs des Frankens aufhob. Konjunkturoptimismus und Wachstumsstimmung macht sich in den Teppichetagen breit – fast schon darf man von Aussichten auf einen Boom sprechen: 74% (Vorquartal 71%) der CFOs beurteilen die Wirtschaftsaussichten für die Schweiz positiv; knapp vier Fünftel (79%, Vorquartal 76%) budgetieren für die kommenden zwölf Monate mehr Umsatz. Über zwei Drittel der Finanzchefs (68%, Vorquartal 66%) beurteilen die finanziellen Aussichten ihres Unternehmens als positiv. Und 41% (Vorquartal 38%) rechnen mit höheren Margen, sodass sich auch die Gewinne der Schweizer Unternehmen im kommenden Jahr verbessern dürften.

Boom mit unsicheren Vorzeichen

Laut der durch Deloitte im September unter 114 CFOs durchgeführten Umfrage steigen auch die Investitionen. Mehrheitlich sind diese in der Schweiz geplant – ein gutes Zeichen für die Binnenkonjunktur. Massgeblich verantwortlich für den gestiegenen Optimismus dürfte neben den allgemein positiven Konjunkturdaten auch der sich abschwächende Schweizer Franken sein. Damit ist die positive Stimmung aber anfällig für ein mögliches Wiedererstarken des Frankens. Entsprechend rücken Währungsrisiken wieder in den Fokus der Schweizer CFOs. Da sich die Mehrheit der Schweizer Unternehmen mittlerweile auf das volatilere Umfeld und die Währungsrisiken eingestellt haben, ist diese Gefahr aber inzwischen weniger ausgeprägt als in der Vergangenheit.

Antworten von Schweizer CFOs auf die Frage: Wie beurteilen Sie die finanziellen Aussichten für Ihr Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten? (Grafik: Deloitte)

Zweitwichtigstes Risiko sind interne Unternehmensprobleme, geopolitische Risiken sind hingegen wieder etwas aus dem Fokus gerutscht. «Die Schweizer Unternehmen haben breites Vertrauen in die wirtschaftlichen Rahmendaten in Europa und in die Stabilität des Welthandels. Auch auf die aktuellen Unabwägbarkeiten der US-Politik scheinen sie sich zunehmend eingestellt zu haben. Sie haben das eigene Unternehmen fit gemacht sowie ihre Analyse- und Reaktionsfähigkeit ausgebaut. Zudem machen sie innovative Produkte und Dienstleistungen unabhängiger von externen Risiken», sagt Michael Grampp, Chefökonom bei Deloitte Schweiz.

Frankenschock weitgehend verdaut

«Die Schweizer Finanzchefs freuen sich auf den Aufschwung – alle relevanten Indikatoren zeigen nach oben», so die weitere Einschätzung von Grampp. «Der für 2018 erwartete wirtschaftliche Aufschwung muss aber noch realisiert werden, ein Nachlassen bei den Anstrengungen liegt nicht drin. Generell lässt sich aber bereits sagen, dass die Schweizer Unternehmen den Frankenschock weitgehend verdaut haben und dessen Auswirkungen weniger gravierend sind als man damals gemutmasst hatte. Viele Unternehmen aus exportierenden Branchen hatten Investitionen und Beschäftigung stark zurückgefahren. Nun ist die Investitionsbereitschaft wieder auf breiter Front vorhanden. Exportorientiere Unternehmen rechnen auch viel häufiger mit einer wachsenden Belegschaft als die übrigen Unternehmen.»

Europäische Unternehmen positiv eingestellt – Ausnahme UK

Die gleichzeitig auch in anderen europäischen Ländern bei über 1500 CFOs durchgeführte Umfrage zeigt, dass in den meisten Ländern die Zukunft des eigenen Unternehmens besser eingeschätzt wird als bei der letzten Umfrage vor einem halben Jahr. Die Finanzchefs haben zudem hohe und weiter steigende Umsatzerwartungen, rechnen mit mehr Investitionen und einem deutlichen Anstieg der Mitarbeiterzahlen – ein sehr erfreuliches Zeichen angesichts der in den lateinischen Länder nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit.

Die Aussichten auf einen wirtschaftlichen Boom sind aber auch anderswo günstiger als auch schon. Von den grossen Volkswirtschaften präsentiert sich Frankreich bei mehreren Kennzahlen als beinahe euphorisch (Unternehmensaussichten, Investitionen oder Mitarbeitendenzahlen), aber auch Deutschland (Umsatz), Italien (Margen) oder Spanien (Investitionen) weisen sehr gute Zahlen aus. Die wahrgenommene Unsicherheit nimmt in den grossen Volkswirtschaften durchgehend ab – ausser in Grossbritannien, wo sich angesichts der anhaltenden Unsicherheiten beim Brexit die meisten Kennzahlen verschlechtert haben.

Zinswende in der Schweiz nicht vor 2020

Die CFOs aus der Eurozone gingen bei der Befragung noch mehrheitlich davon aus, dass die Zinsen innert Jahresfrist ansteigen würden. Sie dürften nun vom Zinsentscheid der EZB von Ende Oktober eher enttäuscht sein. Für zwei Drittel der Eurozonen-CFOs ist die Geldpolitik allerdings nicht zentral, sie würden ihre Strategie auch bei einer Zinswende nicht verändern.

«Die CFOs gerade aus wirtschaftsstärkeren Ländern sehen die Geldpolitik der EZB eher kritisch. Sie halten sie mehrheitlich für zu locker und befürchten die Entstehung von Immobilienblasen oder Überreaktionen an den Finanzmärkten. Sie möchten nicht mehr lange auf die Zinswende warten und sehnen sich nach einer Rückkehr zur geldpolitischen Normalität», sagt Dennis Brandes, Senior Economic Analyst und Ko-Autor der Umfrage.

Die kleinste Anzahl Finanzchefs, die in ihrem Land einen Zinsanstieg innert zwölf Monaten erwartet, findet sich in der Schweiz. «Die Unternehmen in der Schweiz rechnen inzwischen eher wieder mit einer längeren Dauer der Negativzinspolitik. Die SNB kann auch bei einem stabilen Wirtschaftswachstum die Zinsen kaum vor dem Euroraum erhöhen, daher rechnen wir nicht mit einer Zinswende vor Anfang 2020», so die Einschätzung von Brandes.

Quelle und weitere Informationen: Deloitte CFO-Umfrage

 

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