Was bedeutet eigentlich… «LLM»?

Benno Maggi befasst sich in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» mit Begriffen aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal behandelt er die Abkürzung «LLM».

Was sind Large Language

Kennen Sie nicht? Nicht so schlimm. Das Akronym steht für «Large Language Model». Und wird gerne dann angewendet, wenn jemand beweisen will, dass er zum Thema künstliche Intelligenz (KI) besser Bescheid weiss, als sein Gegenüber. KI/AI wird ja heute in Smalltalk ziemlich überstrapaziert eingesetzt. Im Themen-Ranking gleich hinter «Wie geht’s dir?» auf Platz 2, egal welchen Schulabschluss die Person hat oder welche berufliche Tätigkeit sie ausübt. Es wird damit geflext, geprahlt und geblufft, indem erzählt wird, für was KI oder AI schon längst verwendet würde und was sie für Implikationen auf unseren Alltag hätte. Meist heisst es dann: «Gerade eure Branche ist sicher massiv betroffen.» Und gemeint ist immer die Branche des anderen.

Den Impakt auf die eigene Branche wird gekonnt runtergespielt, weil dort KI/AI ja bereits längst in Anwendung sei. Da gerade unsere Branche ja bekannt dafür ist, stets hart am Wind der Buzzwords zu segeln, erfolgt die Abgrenzung vom mittlerweile alltäglich gewordenen KI/AI-Gelabber eben über die Abkürzung LLM. Aber was sind LLMs?

Hochkomplex und doch kinderleicht

LLMs sind die Grundlage von KI/AI. Grosse, sogenannte Sprachmodelle, die auf riesigen Datenmengen trainiert wurden. Gemeint sind Transformatoren, die ganze Sequenzen von Abfragen parallel verarbeiten. Und das mit hunderten von Milliarden von Parametern. In Alltagssprache: Wenn das, dann dies. In Erziehungs-Sprache: Wenn Herdplatte heiss, dann nicht Hand drauflegen. Dieser Vorgang, auch Deep Learning genannt, verwendet miteinander verbundene Knoten oder Neuronen in einer Schichtstruktur, die dem menschlichen Gehirn ähnelt. Klingt mathematisch und anspruchsvoll. Und das ist es auch.

Warum reden denn trotzdem alle darüber? Weil niemand zu den Ewiggestrigen, Abgehängten oder den Loosern zählen will, deren Jobs Opfer der künstlichen Intelligenz werden. Und weil wir dazu neigen, die Auswirkungen einer Technologie kurzfristig zu überschätzen und langfristig zu unterschätzen. Überschätzen tun sich auch jene, die das Akronym dauernd verwenden. Dabei wäre es vielleicht sinnvoller, sich über die Lernfortschritte der eigenen Kinder und Enkel zu unterhalten, um zu verstehen, wie Lernen geht und Intelligenz entsteht. Kinder lernen nämlich grundlegende Dinge wie Greifen, Krabbeln, Laufen, Reden, Sprachen und anderes zu verstehen auch selbstlernend und sind in der Lage, unbeaufsichtigt zu trainieren.

Deshalb ein Tipp: Verhalten Sie sich wie ein Kind und lassen Sie sich von der nächsten Person, die das Akronym LLM in den Mund nimmt, das doch bitte genau erklären. «Was ist das?» – Sie werden staunen. Jene, die einfach wichtigtun oder nachplappern werden gehörig ins Stottern geraten, und sie selbst werden sich – wie Kinder halt so sind – ob deren ausweichenden Antwort ihre Aufmerksamkeit schnell etwas anderem zuwenden. Jene, die in den MINT-Fächern besser aufgepasst haben und wohl am ehesten etwas davon verstehen, werden Ihnen so detailliert den zugrundeliegenden Transformator erklären, bestehend aus einer Reihe von neuronalen Netzwerken aus einem Encoder und einem Decoder mit Selbstbeobachtungsfunktion, dass Sie ebenfalls mit Ihren Gedanken längst woanders sind. Wie gerade beim Lesen dieses Satzes. Es gibt für uns Menschen also noch viel zu lernen.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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