Potenzielle Führungskräfte zu finden wird schwieriger als die Suche nach Fachkräften

Aus Fach- wird Führungskräftemangel: In einer weltweiten Befragung von mehr als 1.100 HR-Führungskräften haben 30 Prozent angegeben, dass der größte Engpass an Talenten bei potenziellen Führungskräften bestehe. Nur 21 Prozent sind der Ansicht, dass dies bei Fachkräften mit spezifischer beruflicher Ausbildung der Fall sei.

Die Schwierigkeiten, junge Führungskräfte zu finden, werden immer grösser. (Bild: Fotolia.com)

Haben bis heute viele Unternehmen einen Mangel an Fachkräften angemeldet, droht die nächste Knappheit vor allem beim Führungskräfte-Nachwuchs. Der Hintergrund ist dabei regional unterschiedlich. Ebenso muss dies der Umgang mit dieser Problematik sein. Das hat eine weltweite Befragung von Korn Ferry Futurestep ergeben.

Führungsnachwuchs droht zu versiegen

Vor allem im südamerikanischen und asiatischen Raum seien in den vergangenen Jahren junge Menschen sehr schnell zur Führungskräften der unteren bis mittleren Ebene befördert worden, denen es heute teilweise an den notwendigen Erfahrungen und Kompetenzen fehlt, um den nächsten Schritt in die höhere Ebene als Abteilungs- oder Bereichsleiter zu gehen, stellt Jan Müller, verantwortlich für das Geschäft von Korn Ferry Futurestep in EMEA. „Insbesondere sind sie nicht ausreichend in der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschult worden. Hier herrscht großer Nachholbedarf.“

Mit 27 Prozent haben auch europäische HR-Chefs den Mangel an Führungstalenten zur größten Herausforderung für ihr Unternehmen erklärt. Jan Müller sagt: „Insbesondere in Deutschland sind die erste und zweite Ebene mit sehr kompetenten Führungskräften besetzt, vielfach existieren für Top-Positionen auch schon Nachfolger. Schwieriger wird es gerade, diese Nachfolge-Pipeline zu füllen, da immer weniger Kandidaten nachkommen. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, gerade die Potenziale junger Mitarbeiter aufzudecken und sie gezielt in die mittlere Führungsebene zu entwickeln – und langfristig zu halten. Sonst droht in einigen Jahren nicht ausreichend Führungsnachwuchs zur Verfügung zu stehen.“ Ähnlich dürfte es in der Schweiz zugehen, wo ebenfalls bestimmte Branchen, etwa die Bauindustrie, schon jetzt den mangelnden Führungskräfte-Nachwuchs beklagen. Der Grund wird da allerdings im nach wie vor im zu geringen Interesse von Schulabgängern an Bauberufen gesehen.

Alle Branchen kämpfen um die gleichen Top-Talente

Während es für IT-Profis früher der Ritterschlag war, bei einem führenden Software-Konzern zu arbeiten, für Betriebswirte als Investment-Banker oder Unternehmensberater und für Ingenieure in der Industrie, lässt sich eine solche Branchen-Aufteilung heute so nicht mehr treffen. „Alle kämpfen um die gleichen Talente“, sagt Jan Müller. „Dazu zählen nicht nur Spezialisten wie Data Scientists oder Cyber-Security-Spezialisten, sondern auch die besten Ingenieure, Kaufleute oder Vertriebsspezialisten.“ Und so haben in der gleichen Studie 22 Prozent der befragten HR-Führungskräfte in Europa angegeben, dass sie vor allem Vertriebsspezialisten mit technischem Background suchen – und diese damit die meist gefragtesten Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt sind.

„Unternehmen gehen darum heute immer größere Wagnisse dabei ein, ihren Markenkern und damit ihre Kultur radikal zu verändern“, sagt Jan Müller. „Automobilhersteller setzen auf Schwarm, Jeans und Dienstleistung, Unternehmensberatungen mutieren immer stärker zu Digitalisierungsspezialisten und IT-Konzerne stellen klassische Maschinenbauingenieure ein. Das hat es in der Ausprägung vor fünf Jahren noch nicht gegeben – und das ist heute ein Wettbewerb, der immer globaler wird.“

Verweildauer von Talenten wird zu wesentlichem Kriterium für HR-Erfolg

Umso wichtiger wird es, einmal eingestellte Talente auch langfristig zu halten und zu entwickeln. Zwar ist die Geschwindigkeit, in der eine Vakanz besetzt werden kann, noch immer das wichtigste Erfolgskriterium für Rekrutierer. Das sagen 63 Prozent der Befragten in Europa. Danach aber folgt schon die Verweildauer der Talente (51 Prozent) sowie der Erfolg der jeweiligen Kandidaten in ihrem Job nach 18 Monaten (42 Prozent).

„Was nützt eine schnelle Besetzung, die aber dann genauso schnell wieder weg ist“, sagt Jan Müller. „HR-Chefs müssen prüfen, ob ihre Zielsysteme richtig kalibriert sind: Das Rekrutieren neuer Mitarbeiter ist ein Prozess, der durch direkte und indirekte Kosten sehr teuer werden kann. Dementsprechend muss es im Interesse der Unternehmen liegen, die aufwändig angeheuerten Mitarbeiter nachhaltig an sich zu binden. Dazu bedarf es individueller Programme und eines langfristigen Entwicklungs- und Optionskorridors, der jungen Menschen die Gelegenheit gibt, stetig neues zu lernen und sich immer wieder neu erfinden zu dürfen. Und das im gleichen Unternehmen.“

Die Studie ist im Internet einzusehen unter:

http://www.kornferry.com/the-talent-forecast/the-talent-forecast

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