Weiterbildung in Angehörigenbegleitung: Erste Abschlüsse

Ende Juni 2023 haben in Bern 13 Angehörige die schweizweit erste Weiterbildung als Angehörigenbegleiter oder -begleiterin abgeschlossen. Dabei werden Angehörige von Menschen mit einer psychischen Erkrankung darauf vorbereitet, andere Angehörige professionell zu unterstützen. Damit wird eine Lücke in der Gesundheitsversorgung geschlossen.

Neue Weiterbildung in der Schweiz: die ersten Angehörigenbegleiter und -begleiterinnen wurden zertifiziert. (Symbolbild; Unsplash.com)

Der Start am 20. Mai 2022 war ein Wagnis, denn es brauchte Pioniergeist für die angehenden Angehörigenbegleiter/-innen, sich auf einen intensiven Jahreskurs einzulassen, der mit viel Aufwand und wenig Garantien auf eine Anstellung verbunden war. 13 Angehörige von Familienmitgliedern mit einer meist schweren psychischen Erkrankung haben am so genannten „EX-IN“-Lehrgang für Angehörige teilgenommen. EX-IN steht für „Experienced Involvement“, also Einbezug durch Erfahrungswissen. Eine entsprechende Weiterbildung für psychiatrieerfahrene Betroffene von einer psychischen Krankheit existiert schon. Erfahrene, die in der Psychiatrie arbeiten, werden auch „Peers“ genannt.

Psychische Erkrankungen: Das versteckte Leiden

Wenn in der Schweiz bei rund 15–34% der Bevölkerung psychische Erkrankungen vorkommen, so kann davon ausgegangen werden, dass sehr viele Angehörige im Verborgenen grosse Leistungen erbringen, teilweise ohne sich dessen bewusst zu sein. Die Weiterbildung macht diesen enormen Beitrag sichtbar und ermöglicht es, auf bezahlter Basis andere Angehörige in schweren Krisen zu begleiten und ihnen zur Seite zu stehen. Selbsthilfegruppen für Angehörige wie die VASK (Vereinigung Angehöriger psychisch Kranker) leisten viel, doch das allein reicht nicht aus. Zudem vergehen oft Jahre des Leidens, bis Angehörige von einer Selbsthilfegruppe wie der VASK erfahren. Es braucht deshalb mehr Unterstützung auf professioneller Basis in den Institutionen, wo Menschen mit einer psychischen Krankheit behandelt werden. Das neue Berufsfeld der Angehörigenbegleitung schliesst diese Lücke.

Angehörigenbegleitung als wichtiges Puzzle-Teil für eine moderne Psychiatrie

Alle 13 Absolvierende haben enorm viel geleistet in 240 Präsenzstunden im Kurs, 65 Stunden Praktikazeit in psychiatrischen Settings, mit dem Erstellen eines Portfolios, Präsentationen und den Abschlussarbeiten. Erfreulicherweise konnte für alle Teilnehmenden eine Praktikastelle gefunden werden, und alle Teilnehmenden haben die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen oder stehen kurz davor. «Wir Angehörigen tragen einen wesentlichen Anteil am Genesungsprozess unserer Lieben. Unsere Belastung ist immens. Dass auch wir endlich Unterstützung erfahren, ist überfällig», so eine Stimme aus dem Kurs.

Einzelne Absolvierende fanden schon eine Stelle, weitere sind in Verhandlung. Dank der Öffnung einiger Psychiatrien für Recovery-Prozesse sind die Grundsteine für eine neue Entwicklung gelegt, in der alle Beteiligten aufeinander hören und gemeinsam alles unterstützen, was Genesungsprozesse fördert und das Umfeld gesund erhält.

Der nächste Kurs ist für 2024 ausgeschrieben. Das Projekt wird durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Projektförderung Prävention der der Gesundheitsversorgung von Gesundheitsförderung Schweiz.

Quelle und weitere Informationen

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