Was bedeutet eigentlich… «Next Level»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er den Begriff «Next Level».

Next LevelWer sich wundert, weshalb alles, was ein bisschen anders ist als das Bisherige, jetzt gleich als «next level» bezeichnet wird, der tut dies zurecht. Denn nicht alles, was anders ist, ist auch besser. Meist ist es einfach nur anders. Trotzdem scheint in Meetings, Präsentationen und Kommentarspalten auf LinkedIn und Co. im Moment alles «next level». Nächste Stufe also. Und meint: eine höher, besser, kreativer als die vorherige. Wieso eigentlich?

Aufschluss erhält vielleicht, wer nach der Herkunft des Begriffs sucht und sich fragt, weshalb sich dieser so rasend schnell etabliert hat. Wer dies tut, landet schnell in der Welt der Gamerinnen und Gamer und trifft deren liebsten Anreiz: die Gamification. Denn genau von da hat dieses Wort den Weg auch in unsere Branche gefunden. Kohorten von Gamerinnen und Gamern, die die Arbeitswelt fluten, haben es mitgebracht. Anfangs wurden sie belächelt mit ihrer Lingo, mittlerweile gehört diese jedoch zum Standard.

Während sich die SpaceInvader-, PacMan- und SuperMario-Generation langsam in die Rente verabschiedet, sind deren Kinder die neue Workforce und eben auch Souffleure für Buzzwords. Sie haben nicht nur eine andere Sprache, sie adaptieren auch Neues, als wäre es ein Computerspiel. Sie haben seit Kindsbeinen gelernt, wie man Superkräfte gewinnt, Spezialwaffen löst und Next Levels erreicht. Und sie wollen dafür belohnt werden. Nun sind sie im richtigen Leben angekommen und rocken gerade die Arbeitswelt mit der gleichen Geschwindigkeit, wie sie sich in der digitalen Welt bewegen. Den Älteren der Branche bleibt nur noch Staunen – oder eben Nachplappern.

Gaming Industrie als Enabler von AI

Ohne es sich wohl bewusst zu sein, haben ebendiese Gamerinnen und Gamer mit ihrem Verlangen nach immer noch grösseren Rechnern und noch realistischeren 3D-Darstellungen die Verarbeitung von Daten beschleunigt und damit den Weg frei gemacht für den weiteren Next Level: dem Durchbruch von AI. Die grossen Datenmengen, die bei früheren Computerspielen die Festplatten und später die Glasfaser-Leitungen zum Glühen brachten, fordern nämlich enorme Rechenleistungen. Diese stellte vor allem eine Firma seit 1995 immer wieder her: NVIDIA.

Sie ist eine der grössten Entwickler von Grafikprozessoren Spielkonsolen, PCs und Servern. Im Jahr 2010 entwickelte sie den schnellsten Supercomputer der Welt, ein Jahr später verkaufte sie bereits den einmilliardsten Grafikprozessor. Die Firma von Mitgründer und CEO Jensen Huang war einer der Treiber beim Durchbruch von AI. Denn das, was AI braucht, um unserer aller Fragerei innert Sekundenbruchteilen beantworten zu können, sind Rechenleistung und Datenprozessoren. Was Amazons AWS also für die Server ist, ist Nvidia für die Prozessoren. Kein Wunder arbeiten die beiden Giganten seit Neuestem zusammen. Was sie anlässlich des Snowflake Summits letzten Monat in Las Vegas präsentiert und diskutiert haben zum Thema generative AI’s und ihrer Kraft, das Thema Datenverarbeitung in und für Unternehmen zu revolutionieren, lässt aufhorchen.

Generative AI ist die Art von künstlicher Intelligenz, die eine Vielzahl von Daten wie Bilder, Videos, Audio, Text und 3D-Modelle erstellen kann und in einem Tempo über uns herrollen wird, dass keine Branche, kein Business Model davon verschont bleibt. Erinnerungen an Ende der Neunziger Jahre werden wach, als das Internet ähnlich disruptiv, aber etwas gemächlicher jede Branche veränderte.
Aus dem Spiel wird also plötzlich Ernst. Berufe werden zwar wegsterben wie die Feinde in den Ballerspielen, aber es werden auch neue dazu kommen. Solche mit noch mehr Flexibilität, Kraft und Energie. Und vielleicht wird uns am Ende sogar mehr Zeit fürs Gamen oder bewusster Leben zur Verfügung stehen. Es wird definitiv anders sein. Ob’s besser wird, werden wir sehen.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

 

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