DigitalBarometer 2023: Zwischen Ernüchterung und Erleuchtung

Die Stiftung Risiko-Dialog erarbeitet im Rahmen ihres Schwerpunkts «Digitalisierung und Gesellschaft» jährlich den DigitalBarometer, unterstützt von der Mobiliar Genossenschaft. Es handelt sich um eine für die Schweiz repräsentative Studie mit differenzierten Analysen zu verschiedenen Bereichen der Digitalisierung. Eben wurde die neueste Ausgabe veröffentlicht.

Der diesjährige DigitalBarometer zeigt: Die Digitalisierungs-Euphorie ist nicht mehr so ausgeprägt wie ein Jahr zuvor. (Bild: Pixabay.com)

Nachdem die Covid-19-Pandemie stark sichtbar machte, was Digitalisierung alles kann, zeigen sich nun auch die herausfordernden Aspekte vom «rein Digitalen». Während in der letztjährigen Ausgabe des Mobiliar DigitalBarometers teilweise Euphorie vorherrschte, zeigen die aktuellen Resultate 2023, dass die Schweizer/-innen die Digitalisierung gesamthaft immer noch positiv bewerten, aber mit 44 % etwas tiefer als in der vergangenen Befragung (vgl. 54% 2022). Neben den Themen «Digitale Daten», «Digitale Meinungsbildung», «Cybersecurity», «Zukunft der Ausbildung» und «Metaverse» setzt «Zukunft der Arbeit» einen Schwerpunkt. Nachfolgend werden die wichtigsten Erkenntnisse der Studie Mobiliar DigitalBarometer 2023 zusammengefasst.

Digitale Balance: DIE Herausforderung für die Zukunft

Die Studie weist nach, dass Mitarbeitende eine hohe Veränderungsbereitschaft zeigen. Arbeitgebende stehen dabei in der Verantwortung: Konkret gaben 50% aller Schweizer/-innen an, das eigene Verhalten an die sich verändernde Arbeitswelt anpassen zu wollen, beispielsweise mit einer Weiterbildung. Knapp drei Viertel der Befragten sehen die Verantwortung bei den Arbeitgebenden, die Arbeitswelt(en) an die Digitalisierungsentwicklung anzupassen.

Ein weiterer Befund ist das Bedürfnis nach Digital Balance: In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung ist der Wunsch nach «offline» im Privaten und beruflichen sehr gross. Fast die Hälfte aller Befragten wünscht sich, im Arbeitsalltag häufiger offline zu sein (digital unerreichbar, mehr analoge Kontakte). Für den privaten Kontext äussern sogar 70 % dieses Bedürfnis.

Metaverse weitestgehend unbekannt

62 % aller Befragten haben noch nie vom Metaverse gehört oder keine Vorstellung, was das Metaverse ist. Es scheint also, dass hier ein Begriff zur Zeit medial überbewertet wird.

Zugenommen hat aber die Einstellung gegenüber digitalen Gesundheitsdaten. Im Vorjahr betrachtete nur rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung die Nutzung von Gesundheitsdaten als eine Chance für die Gesellschaft. Dieses Jahr waren es bereits 38 %.

Digitale Diskussionskultur wird nach wie vor als grosse Gefahr wahrgenommen. (Grafik: Stiftung Risiko-Dialog)

Der DigitalBarometer zeigt auch eine Kehrseite der Digitalisierung: So wird die digitale Diskussionskultur nach wie vor als grosse Gefahr wahrgenommen: 54% der Befragten sehen dies so. 73 % der Befragten geben an, sich selbst die Verantwortung in diesem Thema zuzuschreiben. Zielgruppenspezifische Massnahmen werden benötigt, um ein reflektiertes Informieren und Kommunizieren im digitalen Raum zu ermöglichen.

Zwischen Automatisierungssorgen und Flexibilitätseuphorie

Das orts- und zeitunabhängige Arbeiten erachten die Befragten als klare Chance. Wie bereits im Jahr zuvor, zeigt sich jedoch eine hohe Ambivalenz beim Thema Automatisierung. Zudem sind deutliche Unterschiede je nach Branche, in der die befragten Personen tätig sind, zu sehen. So werden in hand-werklichen Berufsfeldern, wie dem Baugewerbe sowie der Land- und Forstwirtschaft, oder im Handel und Verkehr deutlich weniger Chancen durch die Digitalisierung gesehen als in anderen Branchen. Es zeigen sich zudem signifikante Unterschiede zwischen Personen mit einem hohen Bildungsgrad und Personen mit tieferem Bildungsgrad in der Chancenwahrnehmung. Wichtig scheint die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der neuen Arbeitswelt und das Aufzeigen von unterschiedlichen branchen-spezifischen Optionen. Während ortsunabhängiges Arbeiten nicht für sämtliche Branchen möglich ist, können in den oben erwähnten Branchen beispielsweise neue Führungskompetenzen wichtiger werden. Dabei stellen sich im Moment die Fragen, welche Kompetenzen es in der Zukunft braucht und welche Jobs weiter bestehen oder sich wie verändern werden. Was würde es bedeuten, wenn gewisse Arbeiten (teil-)automatisiert werden?

Beim Thema Zukunft der Arbeit zeigt die Studie ambivalente Resultate. (Grafik: Stiftung Risiko-Dialog)

Vorsicht vor Individualisierungstrend in der Weiterbildung

Knapp die Hälfte der im DigitalBarometer Befragten (45 %) verbinden Chancen mit einer Personalisierung und Individualisierung der Ausbildung. Auch im zeit- und ortsunabhängigen Lernen sehen 50 % vorwiegend Chancen. Im Gegensatz dazu betonen Bildungsexpert/-innen, Vorsicht walten zu lassen und die Relevanz von sozialem Miteinander nicht zu vergessen. Sie empfehlen, sich gut zu überlegen, welche Lernprozesse in Gruppen oder von Lehrpersonen vor Ort unterstützt ablaufen sollten, und welche auch online im eigenen Tempo durchgeführt werden können. Die durch die Studienautoren durchgeführten qualitativen Gespräche zeigten eine Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen junger Erwachsener in der Erstausbildung und den Empfehlungen von Expert/-innen. Während die Jungen die Vorteile der orts- und zeitunabhängigen Ausbildung stark loben und teils kaum noch Vorteile im Präsenzunterricht sehen, weisen Expert/-innen auf die Gefahren dieser Entwicklung hin. Zwar scheint es sinnvoll, gewisse Lernmodule online anzubieten und selbstständiges Lernen zu unterstützen, es bleibt aber weiterhin wichtig, physischen Austausch zu pflegen.

Quellen und weitere Informationen: www.risiko-dialog.ch

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