Hochqualifizierte, selbstbewusste Mitarbeiter führen

Hochqualifizierte Mitarbeiter sind meist selbstbewusst. Also hinterfragen sie auch häufig die Meinungen und Entscheidungen ihrer Vorgesetzten. Deshalb fällt Führungskräften zuweilen der Umgang mit ihnen schwer.

Selbstbewusste Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen führen ist anspruchsvoll. (Bild: Unsplash.com)

Führungskräfte haben heute oft keinen fachlichen Wissens- und Erfahrungsvorsprung mehr vor ihren Mitarbeitenden. Denn diese sind nicht selten hochqualifizierte Spezialisten. Entsprechend selbstbewusst sind diese Mitarbeiter – insbesondere, wenn sie wissen, dass das Unternehmen auf ihre Expertise angewiesen ist. Dann wollen sie im täglichen Miteinander die Wertschätzung spüren, die ihnen ihrer Auffassung nach gebührt. Fehlt diese, sinkt ihre Arbeitsmotivation und im Extremfall wechseln sie den Arbeitgeber.

Mehr und anders kommunizieren

Solche selbstbewusste Mitarbeiter zu führen, fällt vielen Führungskräften schwer – auch, weil manche noch insgeheim das Credo verinnerlicht haben, dass ihren Anweisungen blind Folge zu leisten ist. Doch gerade viele Angehörige der sogenannten Generation Y, die nach 1980 geboren sind und heute bereits das Rückgrat zahlreicher Unternehmen bilden, sehen das anders. Sie hinterfragen oft die Anweisungen und Entscheidungen ihrer Führungskräfte und wollen eine in ihren Augen plausible Begründung haben, warum gewisse Dinge nötig sind.

Für die Führungskräfte bedeutet dies: Sie müssen mehr und anders als früher mit ihren Mitarbeitern kommunizieren. Statt Top-down-Anweisungen ist heute ein Einbeziehen der Beschäftigten in die Entscheidungsprozesse gefragt. Ist das nicht möglich, müssen die Führungskräfte zumindest akzeptieren, dass die Mitarbeiter nebst ihren Entscheidungen zuweilen auch ihr Verhalten hinterfragen.

In der Theorie ist dies den meisten Führungskräften sehr wohl bewusst. Das bedeutet aber nicht, dass sie im Arbeitsalltag stets das richtige Führungsverhalten zeigen. Oftmals registriert man, dass Vorgesetzte gerade in Situationen, in denen sie selbst angespannt sind, ein Verhalten zeigen, das eher einem autoritären als partnerschaftlich-kooperativen Führungsstil entspricht. Dadurch verursachen sie nicht selten vermeidbare Konflikte.

Die Mitarbeiter „ticken“ sehr verschieden

Im Betriebsalltag registriert man zudem bei Teams, die aus vielen selbstbewussten Mitarbeitern bestehen, immer wieder: Mit einigen Mitarbeitern haben die Führungskräfte eigentlich nie  Probleme; in der Beziehung zu anderen tauchen hingegen fortwährend Konflikte auf, weshalb die betreffenden Mitarbeiter von ihren Führungskräften gedanklich mit dem Etikett „schwierig“ versehen werden.

Analysiert man die Ursachen hierfür, stellt man oft fest: Stimmt die Beziehung Führungskraft-Mitarbeiter, dann haben die Führungskräfte meist

  • ein ähnliches Wertesystem wie die Mitarbeiter, mit denen sie gut harmonieren, und/oder
  • ihre Verhaltenspräferenzen korrespondieren mit den Erwartungen, die die Mitarbeiter aufgrund ihres Wertesystems an ihre Führungskraft haben.

Anders ist dies bei den „schwierigen Mitarbeitern“. Sie haben entweder ein anderes Wertesystem als ihre Führungskraft, weshalb ihnen auch andere Dinge wichtig sind. Oder sie haben aufgrund ihres Wertesystems Erwartungen an ihre Führungskraft, die diese aufgrund ihrer Präferenzen nicht erfüllt.

Unterschiedliche Wertesysteme kennen

Die divergierenden Wertesysteme und Erwartungen sind in der Regel im Betriebsalltag kein Problem, wenn die Führungskräfte sie kennen. Viele Vorgesetzte sind sich aber nicht mal über ihr eigenes Wertesystem und ihre eigenen Verhaltenspräferenzen bewusst. Und noch weniger ist dies bezogen auf die Mitarbeiter Fall. Dabei wird dies für ein erfolgreiches Führen immer wichtiger – auch weil heute immer weniger Menschen bereit sind, fraglos irgendwelche nicht selbst gewählten Autoritäten zu akzeptieren.

Möchten Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden individuell und entsprechend ihrer Wertesysteme führen, müssen sie Folgendes wissen:

  • Wie „tickt“ mein Mitarbeiter?
  • Wie sieht die Welt durch seine „Brille“ aus?
  • Was braucht er, um seine Leistungsfähigkeit zu entfalten?

Denn nur dann können Führungskräfte ihr Führungsverhalten wirklich dem Gegenüber anpassen. Außerdem können sie nur dann mit jedem Mitarbeiter eine tragfähige Vereinbarung schließen, was dieser braucht, um seine Arbeit als befriedigend, weil sinnstiftend und mit seinem Wertesystem korrespondierend, zu erfahren.

Autor
Joachim Simon, Braunschweig, ist als Führungskräftetrainer und Vortragsredner auf das Thema (Self-)Leadership spezialisiert (www.joachimsimon.info). Er ist Autor des im Haufe-Verlag erschienen Buchs „Selbstverantwortung im Unternehmen“ und Co-Founder der (Self-)Leadership-Coaching-App Mindshine (www.mindshine.app).

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