Alpensymposium 2017: Trumputin, Brexit und Populismus
Die Ungewissheit über die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in unmittelbarer Zukunft und deren langfristige Auswirkungen haben das 15. Alpensymposium geprägt. Dieses fand am 10. und 11. Januar 2017 mit über 300 Gästen - zumeist Führungskräfte aus KMU - in Interlaken statt.
In den Referaten und Diskussionen von hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft dominierten vor ausverkauftem Haus globale Themen wie der frisch gewählte US-Präsident Donald Trump, Putin, China, Europa mit Brexit und die weltweiten populistischen Trends. Ein Highlight zum Abschluss bot der neue FC Bayern Präsident Uli Hoeness, der im Interview mit Moderator Stephan Klapproth in emphatischer Manier über persönliche und berufliche Erfolge und Misserfolge sowie seine Führungsstrategie beim führenden deutschen Fussballclub zu berichten wusste.
Europa muss sich neu finden
Die Schweiz muss sich mitten in einem Europa im Umbruch, einer ungewissen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den USA und China und im Zeitalter einer rasanten Digitalisierung neu zurecht finden. Darin waren sich die Referentinnen und Referenten am 15. Alpensymposium in Interlaken einig. Der belgische Politiker Guy Verhofstadt, Brexit-Chefunterhändler und Kandidat für das Präsidium des Europäischen Parlaments sorgte sich als überzeugter Europäer, dass es in der EU keine einheitliche Sicht der Entwicklungen gibt. Und er gestand offen: „Unsere Institutionen in Europa sind nicht geschaffen für Krisensituationen!“ Den Ausstieg Grossbritanniens sah Verhofstadt „als Mutter aller Scheidungen“, allerdings auch als grosse Chance die EU als Institution neu zu erfinden. In der gegenwärtigen Situation und mit Trump als US-Präsident sei eine Neuorganisation nicht nur eine Möglichkeit, sondern ein Notwendigkeit, forderte der engagierte Politiker.
Für den bekannten Nahost-Korrespondenten Ulrich Tilgner hat das Scheitern des Westens im Nahen Osten mit US-Interventionen, verbunden mit der dortigen Flucht in Traditionen und Vergangenheit den Terrorismus gestärkt und die Entstehung des Islamischen Staates (IS) gefördert. Er machte deutlich, dass die fundamentalistische Missionierung und die damit verbundenen terroristischen Ideologien durch Saudiarabien finanziert werden. Nach Tilgners Einschätzung ist der Terrorismus denn auch nicht durch militärische Mittel zu bekämpfen, sondern nur mit ökonomischer und politischer Hilfe vor Ort. Insbesondere wirft er der Administration Obama vor, „die Lektion nicht verstanden“ zu haben. Er habe zu häufig auf die falschen Partner gesetzt, denn Partnerschaften mit Regierungen von Staaten, wo der Terrorismus Fuss fasst, seien Partnerschaften mit genau denjenigen, die den Terrorismus erst hervorbringen, so Tilgner.
Präsidiale Einmannshow und Abkehr von Europa
Der SRF-Moderator und ehemalige US-Korrespondent Arthur H. Honegger zeichnete angesichts der Präsidentschaft Donald Trumps ein düsteres Bild. Seine Wähler wollten, dass es kracht und die Einmannshow, die er offensichtlich auch als Präsident abziehen wolle, habe bereits jetzt das Vertrauen in die Institutionen erschüttert. „Ich bin nicht sonderlich optimistisch, was die nächsten vier Jahre angeht“, so Honegger. Für den Börsen- und Finanzspezialisten Dirk Müller war die Wahl Trumps alles andere als ein Unfall. Die Börse sei nicht unglücklich über die Wahl. Chancen sah Müller in den angekündigten Steuervergünstigungen und staatlichen Investitionen, die das erste Halbjahr 2017 bestimmen würden. US-Firmen sollen mit tiefen Steuern gelockt werden, ihre im Ausland parkierten Milliarden nach Amerika zurückzubringen. Grosse Risiken sah er allerdings im globalen Vormarsch der Nationalisten als Reaktion auf die Globalisierung sowie einem hohen Inflationsrisiko und steigenden Zinsen bereits im zweiten Halbjahr.
Auch die Vorsitzende der economiesuisse-Geschäftsleitung Monika Rühl befürchtet eine Abkehr der USA von Europa und die Tendenz zum politischen Populismus einhergehend mit wirtschaftlichem Protektionismus. Sie machte deutlich, dass angesichts von Brexit auch die Schweiz betroffen wäre, wenn es im wichtigen Handelspartner Grossbritannien zu einer Strukturkrise und einem konjunkturellen Einbruch komme. Für eine starke Schweizer Wirtschaft forderte Rühl ein Ja zur Steuerreform, stabile Beziehungen zur EU und eine tragbare Lösung in der Altersvorsorge.
Optimistischer zeigte sich der ehemalige regierende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit. Er zeigte sich zufrieden mit seiner 14jährigen Regierungszeit in Berlin. Von einer hohen Verschuldung und einer überall vorherrschenden Subventionsmentalität habe er es über ein radikales Programm und kreativen Menschen dazu gebracht, dass Berlin heute angesichts finanzieller Überschüssen aus eigener Kraft investieren könne. Für die Entwicklung von grösseren Gemeinwesen sei es wichtig, eine Gesellschaft zu formieren, die freiheitlich ist. Wenn man Diskriminierung zulasse, werde man die kreativen Kräfte nicht bekommen.
Weitere Magic Moments am Alpensymposium
Unter dem Motto „Think big. Create future.“ hat der Organisator Oliver Stoldt zum 15. Mal unternehmerisch denkende Menschen eingeladen, ihre Ideen vor einem begeisterten Publikum aus Wirtschaft und Gesellschaft zu präsentieren. Eine gewaltige Ladung an Swissness präsentierten die passionierte Unternehmerin Céline Renaud, der Sunrise CEO Olaf Swantee, der Gründer und CEO von pom+, Dr. Peter Staub, und der CSS-Verwaltungsrat Hans Künzle am Unternehmenstalk. Der erfolgreiche Fotograf und Philantrop Hannes Schmid, der den Marlboro Man schuf, Hunderte von Pop- und Rockstars fotografierte und hyperrealistisch malt, zeigte eine eindrückliche Schau seines Schaffens.
Das Alpensymposium bot auch in der Jubiläumsausgabe beste Gelegenheiten für wertvolle persönliche Kontakte, Geschäfte, Client Relations und gesellschaftliche Präsenz. Organisator Oliver Stoldt und Konferenzleiterin Janin Heukamp gelangen an der innovativen Tagung zahlreiche „Magic Moments“ mit dem Innovationsstrategen Anders Sörman-Nilsson oder der erfolgreichen Profilerin Suzanne Grieger-Langer. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, in Unternehmen die wahren „Pfeifen“ auszumachen. Schmunzeln musste das Publikum etwa über den folgenden Dialog zwischen Moderator Stephan Klapproth und der Referentin: Klapproth: „Wo ist der Pfeifenquotient am höchsten?“ – Grieger-Langer: „Bei Behörden und Konzernen.“ – Klapproth: „50:50?“ – Grieger-Langer: „Kein Kommentar.“ Ferner rief whatchado-Gründer Ali Mahlodji dazu auf, in die heute 15-jährigen zu investieren. Denn diese sind in 10 Jahren die neuen Erwachsenen und müssten dereinst unsere Probleme lösen. Und nicht zuletzt beeindruckten am diesjährigen Alpensymposium auch die beiden Sportler Silvan Zurbriggen und Joey Kelly mit ihren Berichten darüber, wie sich Ziele mit Willen und eiserner Disziplin erreichen lassen.
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