Tide Ocean SA gewinnt Swiss Ethics Award 2022
Am 11. Mai 2022 wurde in Luzern im Rahmen des Future Leadership Forums der Swiss Ethics Award vergeben: Gewinner ist Tide Ocean SA, ein junges Unternehmen, das sich dem Recycling von Plastikmüll aus dem Meer verschrieben hat – in Verbindung mit der Sicherung von Arbeitsplätzen in Entwicklungsländern.
Die Zeiten könnten wohl nicht besser sein, um über Ethik, Nachhaltigkeit und Führungskonzepte der Zukunft zu diskutieren: Im Osten Europas tobt ein Krieg, der Klimawandel macht sich auch bei uns immer stärker bemerkbar, eine Pandemie hat die Grenzen der globalen Lieferketten aufgezeigt und dies alles führt uns vor Augen, auf welch fragilen Fundamenten unser Wohlstand aufgebaut ist. Wasser auf die Mühlen von Werner von Allmen, Gründer und CEO des Swiss Excellence Forums, das am 11. Mai 2022 das Future Leadership Forum durchführte und einmal mehr den Swiss Ethics Award verleihen durfte. Werner von Allmen stellte klar, dass der Award allein nicht die Welt besser machen kann, doch er soll dazu beitragen, die Gesellschaft für das Thema der «Sustainable Excellence» zu sensibilisieren.
Wie auf der Erde, so im Universum
Bevor die Preisverleihung über die Bühne ging, kamen die rund 150 Gäste im KKL Luzern in den Genuss spannender und zuweilen auch nachdenklich stimmender Referate. Zunächst zeigte Michael Brenner, Mitglied der Kollegial-Geschäftsleitung der Weleda-Gruppe, einen Einblick, wie «Future Leadership» ganz konkret aussehen kann: Geleitet von Werten und einem von der ganzen Belegschaft getragenen Daseinszweck der Firma. Denken, fühlen und wollen sind die Grundlage von allem Tun – und Mut, Verantwortung für das Ganze zu tragen.
Astrophysikerin und Weltraumforscherin Prof. Dr. Kathrin Altwegg entführte das Publikum dann in ganz andere Welten. Braucht es Ethik im Weltraum? Eine Frage, die die Referentin ganz klar bejahte. Denn die gleichen Fragen, die wir uns auf der Erde stellen – wem «gehört» sie? Gibt es Bereiche, die wir schützen müssen oder dürfen wir überall hingehen? – gelten auch für das Universum. Insofern äusserte sie sich kritisch gegenüber den jüngsten Entwicklungen der «Privatisierung» des Orbits, etwa durch Superreiche wie Elon Musk, Jeff Bezos oder Richard Branson, welche mit Weltraum-Tourismus oder Billig-Satelliten dazu beitragen, dass der Weltraum gleichsam zu einem neuen «Wilden Westen» verkommt.
Es braucht einen Paradigmawechsel
Historiker und Philosoph Philipp Blom warf einen Blick in die Geschichte der Menschheit, die es zwar immer wieder schaffte, Probleme selbst zu lösen. Er sieht uns aber derzeit an einem Wendepunkt angelangt: «Wir stehen am Ende einer Kulturgeschichte, wo der Mensch der ‘Boss’ ist», so Philipp Blom. Globale Probleme könnten deshalb nicht mehr einfach «aus dem System heraus» gelöst werden. Ein Umdenken und Paradigmenwechsel sind notwendig, so wie es etwa während der letzten «Kleinen Eiszeit» im 16./17. Jahrhundert geschehen ist, als Bildung und Forschung die Grundlage für ein «Goldenes Zeitalter», etwa in den Niederlanden, bildete.
Einige Aspekte der gehörten Referate wurden in einer durch Werner von Allmen geleiteten Podiumsdiskussion weiter vertieft. Jesuit Dr. Christian Rutishauser brachte zudem noch die theologische und spirituelle Sichtweise ein. Für ihn gehört es zu den Eigenschaften eines Leaders, sich selbst auch führen lassen zu können. Angesprochen auf die Aktualität in Osteuropa herrschte auf dem Podium zwar Einigkeit darüber, dass sich Ethik und Krieg nicht vereinbaren lassen. Doch angesichts eines eindeutig identifizierbaren Aggressors kommen selbst pazifistische Gesinnungen an ihre Grenzen: Angegriffene sollen sich verteidigen dürfen, notfalls auch mit Waffengewalt…
Swiss Ethics Award 2022: Projekte mit Zukunft
Dann folgte die Vorstellung der fünf für den Swiss Ethics Award nominierten Organisationen: Energie360° stellte ihr klimapositives Projekt einer Verwertung von Restholz zu Heizenergie vor. Durch einen pyrolytischen Prozess entsteht als Restprodukt nicht CO2, sondern reiner Kohlenstoff, der z.B. als Düngemittel oder Zuschlagstoff für Baumaterial verwendet werden kann. Hunziker Partner AG wurde für ihr internes Ausbildungskonzept nominiert, das einem ganzheitlichen Ansatz folgt und sich nicht nur auf berufliche Skills beschränkt. So werden z.B. Mitarbeitende auch in ökologischem Verhalten geschult. Das Recycling Paradies wiederum erlaubt Menschen mit Beeinträchtigungen oder schwierigen Biographien in der Arbeitswelt wieder Tritt zu fassen. Von der Jury besonders hervorgehoben wurde, dass hier eine gelungene Verbindung von ökologischem Nutzen mit sozialer Verantwortung gefunden wurde.
Das Projekt «Happy Hazelnut» von yourharvest hat es sich zur Aufgabe gemacht, den jährlich hunderten von Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeitern mit ihren Familien, die in der Türkei Haselnüsse ernten, ein menschenwürdiges Umfeld zu verleihen. An die Stelle von Kinderarbeit treten Schulen, und statt in Baracken zu hausen haben die Wanderarbeiter ein sauberes Obdach.
Saubere Ozeane und Existenzsicherung für Fischer
Das Siegerunternehmen Tide Ocean SA, vertreten durch Thomas Schori, wurde von der Jury aus verschiedenen Aspekten besonders gewürdigt: Zum einen geht die Organisation das globale Problem der Meeresverschmutzung durch Plastik an. Tide Ocean betreibt zu diesem Zweck eine komplette Wertschöpfungskette für upcycelten Ozeanplastik und engagiert sich vor allem in Südostasien, der Region mit der höchsten Plastikmüllrate. Ein speziell entwickeltes Verfahren verarbeitet den Plastikmüll zu hochwertigem Kunststoff-Granulat, das bereits heute in vielen Produkten eingesetzt werden kann. Zum anderen erhalten Fischer, die früher als Seenomaden vom Fischfang lebten und diesen traditionellen Lebensstil heute nicht mehr weiterführen können, von Tide Ocean für das Einsammeln von Plastik einen Preis deutlich über dem Markt und dadurch eine neue Einkommensquelle. In Sozialunternehmen wird das Plastik sortiert und verarbeitet. Die dort beschäftigten Arbeiter erhalten eine Sozialversicherung, Ausbildung sowie teilweise eine Unterkunft. Das Potenzial für das Recycling von Plastikmüll ist gross: Gemäss Thomas Schori werden erst knapp zehn Prozent des weltweit hergestellten Kunststoffs noch nicht rezykliert, sondern «landet irgendwo in der Welt» – oder eben: In den Ozeanen, die mit ihrer Flora und Fauna einen wichtigen Beitrag nicht nur für unser Klima leisten, sondern auch die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen bilden.
Weitere Informationen: www.swiss-excellence-forum.ch