Arbeiten im Homeoffice in die Ausbildung der Lernenden integrieren

Das Arbeiten im Homeoffice hat sich im Zuge der Corona-Pandemie und angesichts der neuen Arbeitsrealität branchenübergreifend etabliert. Dies hat auch Auswirkungen auf die Ausbildung. Wie lässt sich also das Homeoffice in die Berufsausbildung integrieren?

Wiederum haben zahlreiche Erstlehrjahrlernende ihre Ausbildung begonnen und dabei einen massiv veränderten Arbeitsalltag angetroffen. So wird etwa das Arbeiten im Homeoffice sowohl für Auszubildende wie auch für ihre Ausbildner zu einer Herausforderung. (Symbolbild; Bild: Unsplash.com)

Die Corona-Pandemie hat Jugendliche stark getroffen und ihren Einstieg in den Arbeitsmarkt erschwert. Während sich das Schweizer Berufsbildungssystem aufgrund der hohen Flexibilität am Lernort Betrieb zwar als durchaus krisenresistent erwiesen hat, zeigen diverse Studien jedoch auch die Schattenseiten vom Homeoffice; dies insbesondere für Lernende. Jugendliche haben aufgrund der Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie deutlich stärker gelitten als andere Altersgruppen. Zwar mussten die meisten Berufsleute innert kürzester Zeit ihre Art zu arbeiten und zu interagieren anpassen. Die Herausforderungen sind jedoch umso grösser bei Erstjahrlernenden, die noch kaum Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt sammeln und Routinen aufbauen konnten. In den meisten Fällen wurden sie zudem nicht oder nur ungenügend auf das Remote Arbeiten vorbereitet. Auch Berufs- und Praxisbildner/innen haben diese Form der Fernausbildung als besonders schwierig wahrgenommen.

Arbeiten im Homeoffice auch für Lernende?

Eine neue Umfrage des Kaufmännischen Verbands Schweiz, welche im Juni 2021 bei über 700 Berufs- und Praxisbildner/innen im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich durchgeführt wurde, bestätigt die erwähnten Schwierigkeiten. So empfanden 66% der befragten Berufs- und Praxisbildner/innen die Betreuung der Lernenden im Homeoffice im Zusammenhang mit Covid-19 als Herausforderung. Weitere 71% gaben an, Schwierigkeiten bei der Ausübung ihrer Rolle als Ausbildner/in zu haben. Ausserdem berichteten mehr als die Hälfte aller Berufs- und Praxisbildner/innen von Motivationsproblemen bei den Lernenden. In diesem Zusammenhang erreichten den Kaufmännischen Verband Schweiz vielerlei Anfragen: Welches sind die aktuell geltenden gesetzlichen Grundlagen? Was müssen Lernende wissen, um selbstständig und effizient im Homeoffice zu arbeiten? Wie können Ausbildner/innen eine qualitative Wissensvermittlung per Distanz sicherstellen?

Unter der Voraussetzung, dass Homeoffice auch in Zukunft einen festen Platz in Büroberufen beibehalten wird, ist der Kaufmännische Verband Schweiz der Ansicht, dass Handlungsbedarf besteht: «Lernende und Berufs- und Praxisbildner/innen müssen besser und systematischer auf die Arbeitssituation Homeoffice vorbereitet werden. Dafür braucht es zum Schutz der Lernenden Regeln, die Homeoffice während der Ausbildung ermöglichen, aber auch eingrenzen. Der psychischen Gesundheit der Lernenden muss dabei auf jeden Fall Sorge getragen werden», betont Kathrin Ziltener, Fachverantwortliche Grundbildung & Jugendberatung beim Kaufmännischen Verband Schweiz.

Remote-Arbeit wird im kaufmännischen Bereich zum Alltag

Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitsrealität von vielen Berufen, insbesondere den kaufmännischen Berufen, auch in Zukunft von Remote Arbeit geprägt ist. «Die Lernenden sollten diese Arbeitsweise auch in ihrer Ausbildung kennenlernen und die richtigen Strategien sowie den korrekten Umgang damit erlernen», führt Ziltener fort. Wichtig ist ebenfalls, dass Lernende bei der Beschaffung der für die Verrichtung von Homeoffice notwendigen Ausrüstung unterstützt werden. Homeoffice während der Lehre muss aber auch zeitlich begrenzt werden: In seinem neuen Merkblatt für Berufs- und Praxisbildner/innen schlägt der Kaufmännische Verband Schweiz deshalb einen Richtwert von einem Tag pro Woche vor. Jugendliche sind auf den Austausch, sowohl mit ihren Peers als auch mit ihren Ausbildner/innen, stärker angewiesen als Erwachsene. Ziltener bestätigt: «Es braucht viel Sensibilität und Aufmerksamkeit der Berufs- und Praxisbildner/innen für die Bedürfnisse und den Gesundheitsschutz der Lernenden. Die fehlenden Austausche und das Gefühl im Homeoffice auf sich allein gestellt zu sein, wirken sich stark auf die psychische Gesundheit der Jugendlichen aus.»

Forderung an den Bundesrat

Entsprechend fordert der Kaufmännische Verband Schweiz den Bundesrat auf, Bericht darüber zu erstatten, ob angesichts der sich verändernden Arbeitsrealität von Ausbildungsbetrieben eine Anpassung des Arbeitsgesetzes sowie der entsprechenden Verordnungen angesagt ist; insbesondere unter Art. 1 lit. der Verordnung des WBF über Gefährliche Arbeiten für Jugendliche ab 15 Jahren. Ein besonderes Augenmerk gilt Lernenden, die in Branchen und Unternehmen arbeiten, in denen flexible Arbeitsformen auch nach der Corona-Pandemie erhalten bleiben oder gefördert werden. Denn für Jugendliche unter 18 Jahren gilt in vielen Bereichen ein besonderer Schutz bezüglich Arbeitszeit, Überzeit, sowie vor Arbeiten, welche die physische und psychische Leistungsfähigkeit von Jugendlichen übersteigen. Um diesen Schutz auch im Homeoffice sicherstellen und überprüfen zu können, sind neue Kompetenzen und ein verbesserter Jugendarbeitsschutz vonnöten. Anlässlich der bevorstehenden Herbstsession 2021 wird Daniel Jositsch, Präsident des Kaufmännischen Verbands Schweiz, eine entsprechende Interpellation im Parlament einreichen.

Quelle: Kaufmännischer Verband Schweiz

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