Vom Technischen Kaufmann über die Selbstständigkeit zum Geschäftsführer

Das schweizweit bekannte Thermalbad Zurzach versteht es, mit überraschenden Ideen auf sich aufmerksam zu machen und der ganzen Familie viel Badespass zu bieten. Der Geschäftsführer Dominik Keller verrät mehr zu seiner Vision und zu seinem Werdegang.

Für alle Sinne etwas: die Sole-Grotte im Thermalbad Zurzach.

Herr Keller, die Figur von Papa Moll ist nicht zu übersehen im Thermalbad Zurzach. Wie kam es zu dieser Verbindung?

Dominik Keller: Das kam so: Die Erfinderin von Papa Moll, Edith Oppenheim-Jonas, wurde 1952 von Pro Juventute beauftragt, Comics zu entwickeln. Sie lebte hier in der Nähe, und ihre Geschichten begeistern seither Gross und Klein. Unsere gemeinsamen Wurzeln gaben den Anstoss für eine Kooperation. So haben wir im Kinder-Badebereich das Thema Papa Moll aufgenommen. Und neben dem Restaurant gibt’s das Papa-Moll-Museum, das sowohl die Kleinen als auch die Grossen anspricht: Es werden Originalfarben und -pinsel von Edith Oppenheim-Jonas gezeigt, und natürlich fehlt auch nicht das passende Buch mit dem Titel «Papa Moll geht baden».

Wer sollte das Thermalbad Zurzach besuchen, und warum?

All jene, die Erholung und Entspannung suchen und eine schöne Zeit haben möchten. Die Urväter des Thermalbades wollten ein Bad fürs Volk anbieten. Dieser Grundidee sind wir treu geblieben. Der Eintritt kostet nur 19 Franken für zwei stunden, dafür können unsere Gäste alle Anlagen benutzen. Was früher ein Bad fürs Volk war, ist heute eine Wohlfühloase fürs Volk.

Herr Keller, wie sieht Ihre Vision aus?

Auf den Punkt gebracht: Wir wollen als Wellness-Thermalbad die Nummer 1 und so zum Totalanbieter einer Gesundheits- und Entspannungs-Destination für die ganze Familie werden: Der Vater macht beispielsweise einen Stoffwechsel-Check, die Kinder vergnügen sich bei Papa Moll, und die Mutter lässt sich im Kosmetikbereich verwöhnen. Das Ziel von uns allen sollte sein, die Lebensqualität bis ins hohe Alter aufrechtzuerhalten. Wir sind so schnell unterwegs, spüren Körper und Geist nicht mehr. Wenn man aber im 36 Grad warmen Wasser liegt, hat das grossartige Effekte und löst Erinnerungen an die pränatale Zeit aus, als man im Fruchtwasser lag. Dieses Wissen ist neu – noch stehen wir damit am Anfang, doch die Effekte sind frappant.

Reden wir etwas über Ihren Werdegang. Warum haben Sie vor 20 Jahren den Technischen Kaufmann gemacht?

Meine Kollegen hatten ein Jahr vorher damit begonnen und schwärmten seither vom TK. So kam ich dazu. Aber auch die Lehrer waren «Fans»! Der VWL-Dozent beispielsweise schnitt immer einen Artikel aus der Zeitung «Cash» aus, mit dem wir uns dann auseinandersetzten. Der Verband Anavant hat es geschafft, Fans aus uns zu machen! Das liegt bestimmt auch darin begründet, dass die Prüfung schwierig und der Stolz gross für all jene ist, die sie bestehen.

Was haben Sie in den ersten Jahren nach dem TK gemacht?

Ich gründete eine Beratungsfirma und ein Unternehmen im Solarien- und Wellnessbereich. Dank des TK gestaltete sich die jeweilige Firmengründung einfacher, und die Ausbildung schenkte mir viel Sicherheit für die anspruchsvolle Firmenführung.

Wie beeinflusst der damalige TK-Abschluss Ihre heutige Funktion als Geschäftsführer?

Der Vorteil aller TKs ist die ganzheitliche Sichtweise. Denn die TKs haben vorab eine Praxisausbildung genossen. Das ist auch bei mir der Fall. Ich kann mit allen 135 Mitarbeitenden auf Augenhöhe reden, obwohl ich kein Spezialist in irgendwas bin – das braucht es auch nicht als Geschäftsführer. Mir wurde die heutige Stelle angeboten, weil ich als Selbstständiger dem Thermalbad für einige Tausend Franken Fitnessgeräte verkaufen wollte. Doch als TK kann man über den Tellerrand sehen und denken. Darum habe ich kein Fitnessgerät angeboten, sondern ein Konzept. Das kam an, und obwohl ich noch keine 30 Jahre alt und deshalb eher zu jung war, stellte ich mich mit dem TK im Rücken der Herausforderung. Ursprünglich dachte ich an ein Engagement von 2 bis 3 Jahren, doch daraus sind inzwischen 17 Jahre geworden.

Können Sie sich noch an die TK-Prüfung erinnern?

Ja, vor allem an die nervöse Atmosphäre in diesem grossen Raum in Basel. Am Abend waren wir so frustriert wegen der schwierigen Fragen, dass wir aufs Hoteldach stiegen und von dort aus in den Swimmingpool sprangen! Die Leute meinten wohl, wir seien Selbstmörder!

Gibt es heute noch Situationen in Ihrem Alltag, die Sie mit der TK-Ausbildung verbinden können?

Die gibt es immer wieder. Eigentlich immer dann, wenn es Dinge zu hinterfragen, Fragen zu formulieren und Themen zu reflektieren gilt.

Wer sollte Ihrer Ansicht nach den TK machen?

Eigentlich jeder, der eine gute technische Grundausbildung hat und sich selbstständig machen möchte oder eine Führungsfunktion anstrebt. Unser Land hat heute viel zu viele Spezialisten und viel zu wenige Generalisten, die das grosse Ganze sehen. Denn dank des TK werden die Zusammenhänge aller Spezialitäten fassbarer und umsetzbarer. Aufgrund der Praxisausbildung profitieren die TK-Studenten von Beginn der Ausbildung an, indem die Theorie mit der Praxis verknüpft wird.

Denken Sie, dass Sie heute aus dem Stegreif die TK-Prüfung mit einer Note 4 schaffen?

Keine Ahnung, mündlich würde ich mich wahrscheinlich gut schlagen, aber schriftlich eher nicht mehr (lacht).

Bad Zurzach http://www.thermalbad.ch

ANAVANT http://www.anavant.ch/de

Dominik Keller stieg 1998 als Geschäftsführer bei der Thermalbad Zurzach AG ein. Er entwickelte das Unternehmen von damals 45 auf heute über 135 Mitarbeitende. Insgesamt wurden in dieser Zeit weit über 40 Millionen Schweizer Franken investiert. Der ehemalige Flugzeugspengler absolvierte 1995 den eidg. TK.

Die Nachhaltigkeit liegt Dominik Keller am Herzen. So konnte unter seiner Führung im Thermalbad Zurzach zum Beispiel komplett auf die Ölheizung und damit auf über eine Million Liter Heizöl pro Jahr verzichtet werden. Anstelle dessen liefert eine umweltfreund­liche Holz-Schnitzelanlage Energie, die mit Wärmerückgewinnung gekoppelt ist. Das Thermalbad Zurzach betreibt als Tochtergesellschaft das einzigartige Airport Fitness & Wellnesscenter im Zürich-Flughafen sowie ein neues Projekt in Baden – stets mit der Philosophie «von Menschen für Menschen».

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