Erneuerung Gebäudepark: Baustoffe sinnvoll kombinieren

Vier Bauverbände haben eine Studie verfasst, die erstmals den Einsatz der verschiedenen Baumaterialien in der Schweiz aufzeigt. Politische Diskussionen, bei denen es um das gegenseitige Ausspielen einzelner Baustoffe gehe, seien nicht zielführend. Stattdessen brächten technologischer Fortschritt, Recyclingmaterial und die Gebäudesanierung sowie Ersatzneubauten den Durchbruch bei den Klimazielen.

Baustoffe, SBV, Baumeisterverband
© SBV

Der Gebäudepark der Schweiz ist überaltert und dadurch für fast die Hälfte des Energiebedarfs und einen Viertel des CO2-Ausstosses verantwortlich. Rund 1,5 Millionen Gebäude gelten aufgrund ihrer schlechten Energieeffizienz als sanierungsbedürftig, wie der Schweizerische Baumeisterverband (SBV), die Ziegelindustrie Schweiz,  der Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB) sowie der Schweizerische Stahl- und Haustechnikhandelsverband (SSHV) schreiben. Um die Klimaziele und einen CO2-Austoss von Netto-Null 2050 zu erreichen, müsste die Sanierungsgeschwindigkeit verdreifacht werden. Dies erreiche man unter anderem, wenn Sanierungen von bestehenden Gebäuden gefördert oder ihre Ersatzneubauten nicht behindert würden

Massivbaustoff mit robustem Marktanteil

Als wichtige Grundlage für diese Arbeit haben die vier genannten Baubranchenverbände erstmals eine Studie veröffentlicht (vgl. SBV_Studie_Materialvolumen_2021_210x297mm_DE-web). Sie zeige im Direktvergleich die verbauten Volumina und deren zeitliche Entwicklung auf. Laut Angaben erreichen die klassischen Baustoffe wie Backsteine, Zement, Beton und Stahl einen Marktanteil von ca. 95%. Dieser Wert sei in der vergangenen Dekade äusserst stabil geblieben. Holz konnte seinen Anteil in den letzten zehn Jahren von 4,4% auf nun 5,3% ausweiten.

Diese Marktentwicklungen würden sehr graduell verlaufen, so die Bauverbände. Daher sei es wahrscheinlich, dass der Materialmix auch Mitte des Jahrhunderts in etwa gleich aussehen werde. Dem nachhaltigen Bauen sei somit nicht geholfen, wenn ein Baumaterial durch politische Aktivitäten gegen das andere ausgespielt werde. Stattdessen liege der Schlüssel darin, die jeweiligen Vorzüge der Baustoffe miteinander zu kombinieren, betont der Baumeisterverband.

Baumaterialien sinnvoll kombinieren

Holz – insbesondere solches aus dem einheimischen Wald – habe als nachwachsender Rohstoff grosse Vorteile und werde schon heute mit Ziegeln, Beton und Stahl kombiniert. Die Temperaturen dürften in den nächsten Jahren steigen, daher gewinne die Kühlung zunehmend an Bedeutung. Die Kühlung von Gebäuden im Sommer könnte bald mehr Energie benötigen als das Heizen im Winter. Massive Baustoffe wie Backstein und Beton würden ideale energetische Eigenschaften für den sommerlichen Wärmeschutz aufweisen, wodurch sich Gebäude nicht so stark aufwärmten wie bei anderen Materialien und entsprechend weniger Energie für die Kühlung benötigt werde.

Die Materialien des Massivbaus würden zu einem sehr hohen Grad im Inland produziert. Dies erspare lange Transportwege und damit CO2-Emissionen. Es werde viel Forschung betrieben, um das Baumaterial weiterzuentwickeln. Derzeit werde beispielsweise an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) ein Zement entwickelt, welcher durch einen tieferen Klinkeranteil mit deutlich weniger Energie produziert werden könne. Eines von vielen Beispielen, wie wichtig der technische Fortschritt für das nachhaltige Bauen sei, so die Bauverbände. 

Hohe Wiederverwertungsquote

Laut dem Verband erlauben innovative Technologien eine signifikante Steigerung des Recyclinganteils. Es würden bereits 16% des Materials, das für den Bau benötigt werde, durch rezyklierten Bauschutt gedeckt. Vor ein paar Jahren seien es erst 13% gewesen. Vom anfallenden Bauschutt würden 70% wiederverwertet. Die Recyclingquote sei damit bereits hoch, durch den Einsatz neuer Technologien wie robotergesteuerten Sortieranlagen könne das restliche Potenzial erschlossen werden.

Die Bauverbände weisen ferner darauf hin, dass die Modernisierungsoffensive ebenfalls einen schonenden Umgang mit der immer knapper werdenden Ressource Boden umfasse. Die Anstrengungen für das Recycling von Bauschutt seien in diesem Sinn ein wichtiges Puzzleteil. Damit der Boden geschont werde, seien die Durchführung von Gesamtsanierungen und die Realisierung von Ersatzneubauten weitere zentrale Instrumente.

Massivbau für soziale und ökologische Nachhaltigkeit

Ersatzneubauten seien kein Nullsummenspiel. Moderne Gebäude seien vier- bis siebenmal so energieeffizient wie alte Liegenschaften, die vor 1980 errichtet wurden. Unterm Strich würden dank Ersatzneubauten deutlich mehr neue Wohnungen entstehen als dass alte verloren gehen. Gestützt auf das Bundesamt für Statistik schreibt der Verband, dass jährlich etwa 60’000 Wohnungen neu entstehen und dabei 5’000 Wohneinheiten abgebrochen werden (Daten von 2018).

Ersatzneubauten trügen den neuen Ansprüchen der Bevölkerung Rechnung, die mehr Wohnfläche pro Person und mehr Einzelhaushalte wünsche. Um umsetzbare und von den Kunden auch nachgefragte und bezahlbare Bauprojekte realisieren zu können, müssten alle Baumaterialien ideal aufeinander abgestimmt zum Einsatz kommen. Insbesondere würden Backstein, Zement, Beton und Stahl künftig eine zentrale Rolle spielen, um den Gebäudepark nicht nur nachhaltig, sondern auch kosteneffizient zu modernisieren, tönt es abschliessend aus der Bauverbandsküche.

Quelle: SBV, FSKB, SSHV, Ziegelindustrie Schweiz

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